Spinnen mit System Spinnen mit System
Bild: Arndt Zimmermann
Spinnen mit System

Text: Arndt Zimmermann

Spinnangeln mit Kunstködern ist ja sowas von bequem. Ich packe die montierte Rute, den Kescher und paar Klamotten nebst Angelpapiere ins Auto und vergesse auf keinen Fall die Tasche voller bunter Kunstköder. Am Gewässer angekommen stecke ich die Rute zusammen und suche aus X Kunstködern den vermeintlich fängigsten Kunstköder aus und angle los. Und zum Angelende stelle ich oftmals ohne verwertbaren Biss fest, dass diese beangelte Gewässerstrecke bestimmt schon viele  Angler vor mir abgegrast haben müssen. Da kann ja kein Räuber mehr da sein, der auf den erwählten Superköder beißen kann. Wahrscheinlicher aber kennen die Raubfische auch die neuartigen Kunstköder schon und strafen sie mit Nichtachtung. Dann fällt mir ein, dass es noch weitere fängige Raubfischköder gibt. Nur die zu beschaffen und richtig einzusetzen ist ein wenig umständlicher. Ich meine den Einsatz von toten Köderfischen (Köfi) am System. Und dann kommen mir wieder die Erinnerungen an Vorwende-Angelzeiten hoch. Denn an mit Heintz-, Z- und anderen Blinkern oder Spinnern überfütterten und vermeintlich raubfischleeren Gewässern war ein Köfi am System oftmals wieder der Garant für einige Hechte. Aber Systeme gab es nicht zu kaufen. Also musste man sich selbst behelfen.

Zum Gerät

Mein Spinnangelgerät zum Spinnen mit Köfi-Systemen besteht aus einer 2,7 m langen sog. Gummifischrute bis 60 g Wurfgewicht und einer 3000er Stationärrolle mit Kopfbremse. Darauf ist gelbe 0,16er geräuscharme Geflechtschnur mit 8-facher Flechtung aufgespult. Als Vorfach wird grundsätzlich ein mind. 30 cm langes Stahlvorfach bis 10 kg Tragkraft benutzt. Entsprechende Systeme (nachfolgend beschrieben), notwendige weitere Ersatzkleinteile, eine Polbrille, tiefgefrorene Köderfische und ein Kescher vervollständigen das Gerät.

Systeme

Systeme sind ja keine Köder schlechthin, sondern Montagen aus bissfesten Materialien, bestückt mit einem bis zu drei Haken, bestehend aus Einerhaken oder  Zwillingen oder Drillingen. Entsprechende Montagen gibt es käuflich derweil in großer Auswahl. In eine solche Montage wird ein toter Köfi fixiert. Richtig montiert, ausgeworfen und variantenreich geführt übersteht ein Köfi etliche Würfe.       

BildIch hatte mir in den 80-ern auf Grund eines Beitrages in der damaligen Angelzeitung „Deutscher Angelsport“ entsprechende Systeme selbst gefertigt. Diese bestanden ganz einfach aus einer Kombination von Wirbeln mit Einhängern und zwei Drillingen. Die Anbringung am toten Köfi war einfach – Enddrilling abmachen und mit einem entsprechend vorbereiteten Draht die Einhänger- Wirbelkombination durch das Maul und aus dem Kiemendeckel austretend schieben. Danach den Drilling wieder an den Einhänger anbringen. Entsprechend der Größe der Köfis (meist bis 15 cm) wurde dieser Drilling in die Körperflanke oder in die Afteröffnung eingestochen. Der 2. Drilling wurde von oben in den Kopf gestochen. Somit erhielt der Köfi gewollt eine leicht gebogene Körperform und durch den Kopfdrilling den nötigen Halt. Beim langsamen Zug taumelte er und beim schnelleren Einholen rotierte er fast und machte so beim variantenreichen Einholen die Räuber verrückt. Um den Köfi am System absinken zu lassen, wurde mehrmals mit einer Ködernadel die

Schwimmblase durchstochen. Etwas Wickelblei oder eine kleine Bleikugel auf das Stahlvorfach gebracht sorgte für den nötigen Tiefgang.

BildHeute ist das Angebot an Systemen ungleich größer und somit besteht hier wie bei allen Kunstködern auch die Qual der Wahl. Dennoch habe ich bisher gute Erfahrungen mit dem sog. Drachkowitschsystem gemacht. Nach einem vor Jahren gekauften Exemplar baue ich mir diese in ähnlicher Form nach. Aus preiswert gekauften Bleifischköpfen mit integrierter Eindrehspirale habe ich mir ebenfalls fängige Systeme gebaut. Letztere habe ich aber bisher nur mit 10 cm Gummifischen erfolgreich ausprobiert.

Durch jahrelange „Gummifischerei“ habe ich einen guten Vorrat von Jigköpfen verschiedenster Gewichts- und Hakengrößen. Die beschädigten, am Haken korrodierten, aufgebogenen und somit nicht mehr für den Gummifischeinsatz tauglichen Jigköpfe werfe ich nicht weg. Ich funktioniere sie aktuell zu gebrauchsfertigen Systemen um. Bei aufgebogenen Haken versuche ich, diese gerade zu biegen. Das gelingt ab und an. Ansonsten knackt meist der Haken im Bereich des Hakenbogens weg. Mit einem Hammer wird der verbleibende Hakenschenkel noch gerade geklopft. Je länger der gerade Hakenschenkel ist, desto mehr Halt hat er später im Köfi. Bild In die Einhängeöse des Bleikopfes werden entsprechend der Köderfischgröße zwei ungleich lange Drahtarme mit Drilling angebracht. Für die Drahtarme verwende ich 0,5 mm starken federharten Dentaldraht. Dieser lässt sich mit einer kleinen Rundspitzzange noch ganz gut biegen, ist aber im Gebrauch sehr haltbar und formstabil. Weicherer anderer rostfreier Draht verbiegt sich bei einem Hechtdrill zu stark, muss jedes Mal wieder gerichtet werden und ist daher nur bedingt geeignet. Als Drillinge kommen 6er oder 8er Größen in Betracht. Größere Drillinge verbessern m. E. die Fangausbeute nicht, sorgen dafür aber für mehr Hänger und Treibgut am Haken. Der gerade Hakenschenkel wird dem toten Köfi bis zum Bleikopf ins Maul geschoben und gibt dem Köfi sowohl Führung und Gewicht. Die beiden ungleich langen Drahtarme nebst Drilling werden an der Körperflanke des Köfis sowie hinter dem Kopf fixiert und geben ihm den erforderlichen Halt und natürlich den Hakeffekt.

Als Köderfische habe ich mir zum Herbstbeginn eine Anzahl von kleinen ca. 10 bis 13 cm lange und ca. 25 g schwere Plötzen oder Rotfedern gestippt und eingefroren (Foto 6). Bei mind. -18 C im Tiefkühlschrank  habe ich in der kalten Jahreszeit den nötigen Köfi-Vorrat. Einige Köfis um 15 cm habe ich bereits vor dem Einfrieren mit Drachkowitschsystemen fertig installiert. Das hat den Vorteil, dass ich bis zum Auftauen der Köfis im Wasser noch einige Würfe mehr machen kann. Denn beim Anbringen ans Drachkowitschsystem am Gewässer muss der Köfi erst fast vollständig auftauen, um den Haltedraht durch das Maul in den Körper schieben zu können. Am  Angeltag nehme ich die benötigte Menge Köfis im gefrorenen Zustand in Zeitungspapier eingewickelt mit ans Wasser. Bei Verwendung meines Jigkopfsystems brauche ich dagegen nur das Maul des noch gefrorenen Köfis zu öffnen, um den geraden Hakenschenkel bis zum Jigkopf einzuführen. Mit den beiden Drillingen wird der Köfi fixiert. Ans Stahlvorfach mittels Duolockeinhänger gebracht kann der Köfi nun mit heimlichen Fangwünschen ausgeworfen werden.

Eingefrorene Köderfische angelfertig mit montierten Drachkowitschsystemen
Bild: Arndt Zimmermann
Zur Taktik

Die Taktik unterscheidet sich nicht von der normalen Spinnangelei entlang der Ufer oder vom Boot auf Still- oder Fließgewässern. Wichtig ist, vorher darauf zu achten, dass die zu beangelnden Gewässer bzw. – strecken gemäß der aktuellen Gewässerordnung auch mit totem Köfi beangelt werden dürfen.

Meist suche ich entlang wandernd am Ufer der Fließ- und Stillgewässer die raubfischverdächtigen Stellen ab. Harte Distanzwürfe wie mit Gummifischen vertragen die aufgetauten Köfis aber schlecht. Sie lösen sich schon nach wenigen Würfen aus dem System bzw. werden unnatürlich am System zusammengeschoben. An kleineren Flüssen wie die Spree brauche ich ohnehin nur leichte Unterhandwürfe oder Pendelwürfe ausführen. Nach möglichst weichem Einwerfen auch zur Vermeidung lauter Klatschgeräusche lasse ich den Köfi an gestreckter Schnur absinken, um ein Verhängen ins Stahlvorfach zu minimieren. Bei meinen bisherigen Einsätzen mit dem Köfisystem konnte ich auf diese Weise zwischen 30- bis 50- mal auswerfen, ehe ich den Köfi ersetzen musste. Bei Raubfischkontakt musste ich den Köfi stets ersetzen, da dieser meist beim Drill abgeschüttelt wurde. Entsprechend des verwendeten Jigkopfgewichtes kann ich das Köfisystem ziemlich lange an den raubfischverdächtigen Stellen fast auf der Stelle bewegen und so auch winterträge Räuber beißwütig machen. In der kalten Jahreszeit ist das Wasser auch schon wieder ziemlich klar. Das bedeutet auch für mich, Deckung am Ufer zu nutzen bzw. Tarnkleidung zu tragen. So konnte ich, mit aufgesetzter Polbrille sichtbar gemacht, in einigen Fällen sogar fast vor meinen Füßen den Angriff von Hechten und eines 43er Döbels provozieren und ans Eisen bringen. Die Art der Systembewegung im Wasser könnte man als Zupffischen bezeichnen. Diese Technik ist so fängig, weil hier die Vorteile des Spinnfischens mit der des Stellfischens kombiniert werden. Zudem bleibe ich in Bewegung und kann größere Gewässerflächen absuchen. An mir als Angler liegt es, dem Köfi durch entsprechende Führung die Art von Leben einzuhauchen, welche die Raubfische am meisten reizt. Und der Köfi am System lockt auch dann noch, wenn er zeitweise mal am Gewässerboden liegt. Er riecht wie ein Fisch und sieht auch so aus – er ist einer.

Wer aber glaubt, dass Systeme nur für tote Köfis geeignet sind, der irrt.

Mit Systemen können auch Gummifische ganz gut und fängig geführt werden. Insbesondere dann, wenn man keine Köfis vorrätig bzw. die gefrorenen Köfis verangelt hat oder am betreffendem Gewässer keine Köfis zugelassen sind, so z. B. an der Talsperre Bautzen.. Und eigene Kreationen von Systemen selbst zu bauen ist auch keine Hürde, wenn man die Zeit dazu hat und gern kreativ tätig ist. Ansonsten muss man die Systeme halt kaufen.

Letztendlich ist auch das Spinnangeln mit Köfis am System eine Übungssache und der Erfolg stellt sich alsbald ein. Versucht es auch einmal!

Dazu ein großes Petri Heil!