Spürangeln auf Karpfen
Spürangeln auf Karpfen

von Arndt Zimmermann

Es gibt ein Sprichwort: „Der frühe Vogel fängt den Wurm“. Dieses Sprichwort mache ich mir gern in der warmen Jahreszeit zu Eigen. Einerseits, um der Tageshitze zu entgehen und andererseits, um frühmorgens angeln zu gehen (Foto 1). Warum? Na weil die Fische frühmorgens meist auf Futtersuche sind. Und es ist ja allseits bekannt, dass gerade die Gewässeruferbereiche die meiste natürliche Nahrung für die Fische bieten. Dazu kommt noch, dass unsere allgemeinen Angelgewässer jährlich meist mit Karpfen besetzt werden. Diese wachsen ganz gut ab und sind  nach Überschreitung des Mindestmaßes begehrte kampfstarke und schmackhafte Angelfische.

Also schleiche ich mich im Grau des erwachenden Morgens leise wie ein Indianer auf dem Kriegspfad in entsprechender unauffälliger „Angelkluft“ die letzten Meter ans Wasser. Dort lege ich möglichst geräuscharm das Angelzeug einige Meter vom Ufer entfernt ab, stecke die vormontierte Rute zusammen und beobachte dabei das Wasser. Wo begehbar, pirsche ich, die Deckung nutzend und leise auftretend (mit Gummistiefeln nicht immer einfach) (Foto 2), auch eine Weile am Wasser entlang. Was ich suche? Na Karpfen bei der Futtersuche. Ich sehe hier und da unweit des Ufers Blasenspuren. Da, ca. 5 m vor mir im etwa 1 m tiefen Wasser wieder eine Blasenspur. Es sind unterschiedlich große Blasen, die mal vereinzelt, aber auch fast sprudelnd emporsteigen. Ich beobachte sie eine Weile und sehe, dass diese Spur sich langsam weiterbewegt. Nun bin ich mir fast sicher, dass ein Karpfen bei der Futtersuche den Bodengrund durchwühlt (Foto 3). In flachen Uferbereichen bei richtiger Sicht und einer Polarisationsbrille vor den Augen kann ich manchmal zudem noch aufsteigende Schlammwolken ausmachen. Aus einem kleinen mitgeführtem Behältnis werden schnell einige Partikelkörner (gequollener Weizen oder Pellets) auf eine kleine Futterkelle getan und punktgenau möglichst an die Blasenspur gebracht. Größere Körner (Mais, Boilies etc. verursachen m. E. zuviel Lärm beim Auftreffen aufs Wasser und wirken gerade in Ufernähe scheuchend. Die Blasenspur ist noch da und so schleiche ich zurück zum Angelzeug, um das Gerät zu holen.

Zum Gerät

Bei dieser Art des Spürangelns auf Karpfen, scherzhaft auch Indianerangeln genannt, benötige ich meist nur eine Rute, einen kleinen Angelhocker mit Lehne, einen Unterfangkescher, Kleinteile und Köder. Eine montierte 2. Rute führe ich dennoch immer mit. Mit dieser Ausrüstung bin ich am Wasser bei der Stellensuche sehr beweglich.

Da ich auf kurze Distanz angele, verwende ich eine 3 m bis 3,6 m lange Rute mit Parabolikaktion, keinen steifen Knüppel (Spitzenaktion). Die Parabolikaktion schont durch ihre Nachgiebigkeit die Schnur und verhindert ein Ausschlitzen des Hakens beim Drill im Nahbereich. Alternativ führe ich auch eine 3,9 m lange Posenrute mit semiparabolischer Aktion mit, falls der Pflanzengürtel am Uferrand mal etwas breiter sein sollte. Als Rolle verwende ich bewährterweise eine 2500er bis 3000er Stationärrolle mit Kampfbremse. Eine abriebfeste gute Monofilschnur von mind. 0,28 füllt im Sommer die Spule. Es sind ja nicht immer die kleinsten Karpfen, die ufernah gründeln. Oftmals binde ich den Haken direkt an die Hauptschnur, denn jeder Knoten schwächt die Schnur. Sind viel Kraut oder Hindernisse vorhanden, wird die Schnurstärke erhöht, und als Sollbruchstelle ein ca. 0,25 m langes Vorfach, welches ein wenig tragkraftschwächer ist, vorgeschaltet. Bei den meist geringen zu beangelnden Wassertiefen verwende ich nicht meine selbstgebauten Waggler, sondern wegen ihrer Unauffälligkeit handelsübliche Klarsichtposen von 3 bis 5 g Tragkraft (Foto 4). Diese habe ich schon zu Hause (darüber berichtete ich schon mehrfach) an der kompletten Montage ausgebleit.

Als Köder verwende ich gekochten Mais, aber auch aromatisierten Angelmais im Glas, bis 10er Boilies oder Pellets. Erstere stecke ich direkt auf den 6-er bis 8-er Haken mit frei bleibender Spitze oder ich ziehe sie wie bei Boilies und Pellets üblich auf’s Haar am 6-er bis 8-er Haken. Bei Dosenmais sind in vielen Dosen zu weiche und oft nur halbierte Maiskörner enthalten und ziehen so schnell kleinere Weißfische an. Erwische ich die richtige Dose, sind die Körner relativ fest und auch ganz und somit gut geeignet für diese Pirsch. Den Inhalt der geöffneten Dosen mit dem dafür weniger geeigneten Maiskörnern friere ich ein, taue es bei Bedarf auf und gebe es dann püriert dem Anfutter zu. Fehlen dürfen ebenfalls nicht die bereits in meinem Artikel „ vergessene Angelköder“ erwähnten Kartoffeln und Teig als Köder mit den darin beschriebenen Anköderungen. Und schließlich sind auch die guten und bewährten Mist- oder Tauwürmer in meiner Köderauswahl zu finden.

Klarsichtposen für eine unauffällige Bissanzeige
Bild: Arndt Zimmermann
Zur Taktik

Wenige Meter vom gründelnden Fisch entfernt wird schnell noch ein geräuscharmer Tiefencheck mit einem Bleischrot am Loomgummi durchgeführt. Die Blasenspur ist glücklicherweise noch da. Schon landet die beköderte Montage so leise, wie möglich, hinter der Blasenspur und wird von mir sacht bis in die Nähe der Blasenspur herangezogen.

Jetzt kommen die bangen Fragen: Habe ich den Fisch mit zu lautem Einwerfen verscheucht oder nicht? Und gründelt der Fisch auch wunschgerecht in Richtung meines Köders und findet ihn?

Aber ein wenig Glück des Tüchtigen ist immer dabei und schon beginnt nach bangen Minuten die Klarsichtpose zu tanzen. Nach kurzem Ausheber verschwindet sie in den Fluten. Jetzt nur nicht die Beherrschung vor lauter Adrenanlinausstoß verlieren und  so kräftig anschlagen, als wäre die Montage etwa 50 m weit draußen. Gerade beim Angeln im Nahbereich im Flachwasser muss ich mehr als sonst darauf achten. Ein kurzer Schwipp aus dem Handgelenk genügt (scharfe Hakenspitze vorausgesetzt) und schon saust ein gut 10- pfündiger Karpfen mit Schmackes durchs Wasser, biegt die Rute mächtig durch und lässt die Rolle kreischen. Gerade mit solchen Kämpfern im Nahbereich bei sommerlichen Wasserwerten ist einwandfreies Gerät, die richtige Bremseinstellung der Rolle und Beherrschung des  Anglers selbst das A und O des Erfolges.

Ich gebe zu, auch da habe ich einiges Lehrgeld gezahlt. Da schlug ich bspw. ob des jähen Bisses adrenalinumnebelt genauso heftig an und die Montage verschwand fischlos über mir in den Bäumen. Nach einigem Tauziehen musste ich dann fluchend zeitaufwendig eine neue Montage fertigen. Oder nach einem zu heftigen Anschlag schwamm ein guter Fisch mit meinem Haken davon und so weiter. Habe ich aber alles richtig gemacht und die kräftigen Fluchten pariert, wird auch der beste Kämpfer einmal müde und ich kann freudestrahlend einen schönen Karpfen keschern.

Sollten windbedingt mal keine Blasenspuren gründelnde Karpfen verraten, ist es gut, dass Gewässer und die Fressgewohnheiten der Fische zu kennen. Dann angle ich auch mit 2 Ruten und versuche, die aktuellen Fressplätze der Karpfen zu finden. Geringe und punktgenaue Partikelfuttermengen entlang des Schilf- oder Gelegesaumes oder an fischverdächtigen Stellen in Ufernähe sollen die Karpfen zu meinen Ködern führen. Da ich kein Freund langer Angelsitzungen bin, beende ich diese Pirschgänge meist in den Vormittagstunden mit Vorfreude auf den nächsten Pirschgang.

Na dann, Petri Heil und viel Erfolg bei der Pirsch!